Nun soll also die Erdverkabelung beim Netzausbau Vorrang haben. Das ist gut so. Sinnvoller wäre es allerdings gewesen, diese Möglichkeit von Anfang an ins Gesetz zu schreiben und sie nicht auf wenige Teststrecken zu beschränken. Schließlich können durch Erdkabel viele ökologische und soziale Konflikte vermieden werden. Dieser Vorteil überwiegt die höheren Kosten bei weitem. Entscheidend ist nun aber wie die Trassen gebaut werden, und hier steckt der Pferdefuß!
Denn es soll keineswegs überall Erdkabel geben. In Oberfranken etwa soll die Trasse über bestehende Leitungen geführt werden, anders als in Oberbayern, wo eine Erdverkabelung vorgesehen ist. Wenn auf bestehende Leitungen aufgestockt wird, schließt aber das Gesetz zum Energieleitungsbau bisher eine Erdverkabelung aus. Entscheidend ist für mich: Erdkabel müssen überall möglich sein – nicht nur im Wahlkreis von Herrn Seehofer.
Insgesamt ist das, was die Koalitionsfraktionen da beschlossen haben, kein großer Wurf. Fakt ist: die Stromtrassen werden gebaut und zwar ganz einfach weil sie gebraucht werden. Es wäre nur fair gewesen, das von Anfang an einzugestehen, anstatt Nebenkerzen zu werfen, Zeit und Akzeptanz zu verspielen. Wir produzieren in Deutschlands Norden überschüssige Windenergie, während im Süden - vor allem in Bayern - dringend Energie gebraucht wird. Wenn Strom bezahlbar bleiben soll, wenn wir den Atomausstieg und die Energiewende wollen, geht das nicht ohne Netzausbau. Schließlich müssen, wenn 2022 die letzten Atommeiler vom Netz gehen, 8.000 MW Leistung ersetzt werden. So wichtig sie ist, kann das eine dezentrale Energieerzeugung mit erneuerbaren Energie derzeit alleine nicht leisten.