Elisabeth Scharfenberg, Mitglied im Deutschen Bundestag

Mitglied im Deutschen Bundestag

Organspende - Die Entscheidung bleibt freiwillig

Am 22. März 2012 wurde der Gesetzentwurf zur Einführung der Entscheidungslösung in das Transplantationsgesetz in erster Lesung im Deutschen Bundestag debattiert.

12.04.2012

Am 22. März 2012 wurde der Gesetzentwurf zur Einführung der Entscheidungslösung in das Transplantationsgesetz in erster Lesung im Deutschen Bundestag debattiert. Der Gesetzentwurf wird als Gruppenantrag eingebracht. Er ist bislang von 447 Abgeordneten aller Fraktionen unterschrieben worden. Auch viele Abgeordnete der grünen Bundestagsfraktion unterstützen den Gesetzentwurf. Wie bei anderen ethischen Fragen auch, die in den letzten Jahren im Bundestag behandelt wurden, entscheidet jeder Abgeordnete nach seinem Gewissen.

Gemeinsam mit meinem Fraktionskollegen Harald Terpe war ich für die Bundestagsfraktion an den interfraktionellen Verhandlungen für diesen Gesetzentwurf beteiligt. Mit der geplanten Reform soll vor allem die Aufklärung der Bevölkerung über die Organspende verbessert werden. Dazu werden die Krankenkassen verpflichtet, die Bevölkerung regelmäßig über die Organ- und Gewebespende zu informieren. Alle Versicherten über 16 Jahre erhalten bis zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte alle zwei und ab dann alle fünf Jahre Informationsmaterial zur Organ- und Gewebespende sowie weitere Hinweise, wo sie sich persönlich beraten lassen können. Zudem werden sie aufgefordert, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abzugeben. Auch Meldebehörden sollen bei der Ausgabe von Ausweisen solche Informationsmaterialien überreichen.

Wir haben uns bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes nachdrücklich dafür eingesetzt, dass es keine einseitige oder gar interessensgeleitete Information der Bürgerinnen und Bürger gibt. Wir haben dafür gesorgt, dass folgende Regelungen aufgenommen wurden:

  1. Die Entscheidung, ob jemand eine Erklärung zur Organspende abgibt, bleibt absolut freiwillig. Dies war uns besonders wichtig, denn dies ist eine höchstpersönliche Entscheidung, zu der niemand verpflichtet werden darf.
  2. Die Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger muss ergebnisoffen sein und die gesamte Tragweite der Entscheidung umfassen, d.h. auch Fragen, die einer Entscheidung zur Organspende im Einzelfall entgegen stehen könnten. Einen wie auch immer gearteten moralischen Druck für oder gegen die Organspende darf es nicht geben. Aufgabe muss es vielmehr sein, allen Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, eine bewusste und wohl informierte Entscheidung treffen zu können.

Die Organspendeerklärung soll zukünftig auch auf der Elektronischen Gesundheitskarte (eCard) gespeichert werden können, wenn Versicherte dies möchten. Die technischen Voraussetzungen dafür müssen in den nächsten Jahren allerdings erst noch entwickelt werden. Später sollen Versicherte eigenständig ihre Erklärungen auf der Karte speichern, verändern, sperren oder löschen dürfen. Sie können aber auch im Rahmen eines Arztbesuches ihre Ärztin oder ihren Arzt dazu autorisieren, die Erklärung einzutragen. Dies alles ist ebenfalls absolut freiwillig! Eingesehen werden darf die Erklärung zur Organspende nur durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte, wenn bei einer Patientin oder einem Patienten der Hirntod festgestellt wurde.

Ganz persönlich muss ich an dieser Stelle jedoch sagen, dass ich mit einer der geplanten Neuregelungen noch erhebliche Bauchschmerzen habe. Neu geschaffen werden soll die Möglichkeit, dass auch die Krankenkassen zukünftig Unterstützung beim Eintrag der Organspendeerklärung auf der eCard anbieten dürfen. Ein in den Verhandlungen bis zuletzt umstrittener Punkt dabei war allerdings, ob man den Krankenkassen das Recht einräumt, die Erklärung nach erfolgter Zustimmung der Versicherten auf der Karte eintragen zu lassen. Das Ziel der Schaffung eines solchen (zwar begrenzten) Schreibrecht für die Kassen sieht der Gesetzentwurf nun vor. Einige grüne Abgeordnete und ich sehen darin einen Bruch mit den sehr strengen Datenschutzstandards, die für die eCard bisher gelten und ein Schreibrecht für die Krankenkassen in keiner Form vorgesehen. Es ist uns leider nicht gelungen, die anderen beteiligten Fraktionen davon zu überzeugen, dass man von der nun vorgesehenen Regelung Abstand nehmen sollte. Wir jedoch halten an dieser Auffassung fest und werden uns daher im weiteren Verfahren mit einem Änderungsantrag dafür einsetzen, dass diese Regelung wieder gestrichen wird.

Meine Ansicht zu dem Gesetzentwurf habe ich am Tag der ersten Lesung auch in einem Interview beim Sender Phönix geäußert: http://www.youtube.com/watch?v=KVM8iAd25Vs

Der Gesetzentwurf zur Einführung der Entscheidungslösung findet sich hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/090/1709030.pdf

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass mit diesem Gesetz natürlich nicht alle offenen Fragen im Zusammenhang mit der Organspende beantwortet werden. Wir gehen aber einen wichtigen Schritt, dieses wichtige und schwierige Thema weiter in die Gesellschaft und in die Familien zu tragen. Denn letzten Endes bleibt die Entscheidung für oder gegen eine Organspende eine ganz persönliche Entscheidung.

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