Elisabeth Scharfenberg, Mitglied im Deutschen Bundestag

Mitglied im Deutschen Bundestag

Pflege: Kritik an geplanter Kapitaldeckung sollte Schwarz-Gelb zu denken geben

Die Pläne von CDU/CSU und FDP zur Einführung einer kapitalgedeckten Pflege-Zusatzversicherung stoßen auf scharfe Kritik bei Verbänden und Experten

23.10.2009

Dazu erklärt Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflegepolitik:

CDU/CSU und FDP sollten lieber genau hinhören: Sozial- und Verbraucherverbände wie Pflegekassen lehnen ihre Pflege-Pläne rundweg ab. In der gestrigen „Financial Times“, nicht als Hausblatt linker Parteien bekannt, wird vor einer einkommensunabhängigen Kopfpauschale gewarnt. Und Ex-Bundesminister Norbert Blüm (CDU) fragt, ob jene, die die Kapitaldeckung fordern, von der Finanzkrise nichts mitbekommen hätten.

Derweil versucht die FDP zu beschwichtigen, es gehe doch nur um ein paar Euro pro Monat. Ein paar Euro bekommt man aber auch im Umlageverfahren zusammen. Und weil es nur um ein paar Euro geht, beeilen sich die privaten Versicherungsanbieter schon zu bekunden, dass aber nur sie diese Pflicht-Zusatzversicherung anbieten dürfen. Für sie hat offenbar das eigene Geschäft Priorität, nicht etwa die sinnvollste Finanzierung der Pflege.

Man sollte einmal mit ein paar Mythen über die Kapitaldeckung aufräumen:
1.)     „Kapitaldeckung ist gerecht.“ Ob nun eine ergänzende oder gar komplette Umstellung auf Kapitaldeckung: Die Zeche für die verpflichtende Zusatzversicherung zahlen allein die Versicherten und zwar ohne Rücksicht auf ihre Leistungskraft. Die Friseurin zahlt also das Gleiche wie Kanzlerin Merkel. Das soll gerecht sein?

2.)     „Nur mit Kapitaldeckung kann man bessere Pflegeleistungen bezahlen.“ Unsinn! Auch im Umlageverfahren sind Leistungsverbesserungen möglich. Sie werden aber mehr Geld kosten, so wie sie auch bei Kapitaldeckung nicht umsonst sind, sondern höhere Pauschalen erfordern. Union und FDP möchten aber, dass die Versicherten das schön alleine zahlen.

3.)     „Kapitaldeckung ist nachhaltiger.“ Nicht bewiesen. Die Alterung der Gesellschaft macht auch vor der Kapitaldeckung nicht halt. Die Jungen, die über die Zusatzversicherung Kapitalrücklagen aufbauen, werden in Zukunft immer weniger. Die Älteren, die ihre Rücklagen sparen, werden aber immer mehr. Dieses Missverhältnis zwischen Kapital-Angebot und –Nachfrage wird auch der Kapitaldeckung schwere Probleme bereiten. Die Finanzkrise zeigt zudem, wie sicher eine Wette auf die Stabilität der Kapitalmärkte ist.

4.)     „Kapitaldeckung ist unabhängig vom Arbeitsmarkt.“ Auch nicht ganz richtig. Zwar schont eine einkommensunabhängige Zusatzversicherung die Lohnnebenkosten. Dennoch: Je höher die Arbeitslosigkeit und je niedriger das Lohnniveau, desto weniger Menschen können ihre Zusatzversicherung zahlen, desto geringer sind die Einnahmen der Versicherung. Schwarz-Gelb wird noch erklären müssen, wo dann eigentlich das Geld herkommen soll.

5.)     „Kapitaldeckung ist unbürokratisch.“ Das wollen wir mal sehen. Die Zusatzversicherung soll angeblich ergänzend zum Umlageverfahren eingeführt werden. Es wird also statt einem zwei Systeme geben. Beide werden darüber streiten, wer eigentlich was bezahlen soll und wer für was zuständig ist. Wer seine Prämie nicht zahlen kann, muss beim Finanzamt einen Steuerzuschuss beantragen – wenn Schwarz-Gelb einen solchen Sozialausgleich überhaupt vorsieht, denn sie wollen ja Steuern sparen. Das ist mehr, nicht weniger Bürokratie.

Tags: Pressearchiv
« zurück