Elisabeth Scharfenberg, Mitglied im Deutschen Bundestag

Mitglied im Deutschen Bundestag

Koalition verabschiedet Pflegereform mit einigen Lücken, wenig Mut und vielen Fehlern

Zur 2./3. Lesung der Pflegereform im Deutschen Bundestag

14.03.2008 Zur 2./3. Lesung der Pflegereform im Deutschen Bundestag erklärt Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflegepolitik:

Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz verdient seinen Namen nicht. Denn Weiterentwicklung setzt Mut zur Veränderung voraus. Dieser Mut hat die Koalition schon lange verlassen.

CDU/CSU und SPD sind an ihrem Koalitionsvertrag gescheitert, eine nachhaltige und gerechte Finanzierung der Pflegeversicherung zu bewerkstelligen. Das ist der Koalition selbst so peinlich, dass sie die Finanzreform noch nicht einmal in ihrem eigenen Entschließungsantrag als weiteres Ziel benennt.

Es gibt durchaus einige gute Ansätze in dem Reformgesetz. So begrüßen wir es, dass Pflegeeinrichtungen künftig einmal pro Jahr unangemeldet kontrolliert und die Prüfberichte veröffentlicht werden sollen. Das sind gute und notwendige Schritte hin zu mehr Transparenz und Qualität für die Pflegebedürftigen.

Das allein jedoch macht diese Reform nicht zu einem großen Wurf. Im Gegenteil: Bei den Pflegestützpunkten wird es zu einem löchrigen Flickenteppich kommen. Die Länder dürfen darüber entscheiden, ob sie Pflegestützpunkte wollen oder nicht. Obwohl alle Versicherten mit ihren Beiträgen die Stützpunkte finanzieren, ist der Zugang also nicht für alle sichergestellt. Beratung und Begleitung in Stützpunkten hängt zukünftig vom Wohnort ab. Der Grundsatz "ambulant vor stationär" bleibt damit eine leere Worthülse.

Die Pflegeberater werden nicht unabhängig sein, denn sie liegen allein in der Hand der Pflegekassen. Diese Unabhängigkeit jedoch ist die Voraussetzung für Vertrauen zwischen Betroffenen und Beratern, das so nicht wachsen kann.

Die gesetzliche Pflegezeit wird ins Leere laufen. Ohne Lohnersatz, mit der Beschränkung auf nahe Angehörige und Betriebe mit mehr 15 Mitarbeitern ist sie nicht mehr als ein Feigenblatt. Nur Besserverdienende werden in der Lage sein, die Auszeit im Pflegefall zu nutzen.

Und nicht zuletzt höhlt die Koalition mit dem sog. "Petz-Paragraphen" die ärztliche Schweigepflicht aus. Stellen Ärzte fest, dass eine Behandlung zum Beispiel infolge einer Tätowierung nötig ist, so müssen sie künftig die Versichertendaten an die Krankenkasse mitteilen. Nicht nur, dass schon die Einführung des Selbstverschuldensprinzips in die Gesetzliche Krankenversicherung ein großer Fehler war. Nun zerstört die Koalition auch noch restlos das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Ärzten. Tags: Pressearchiv
« zurück