Elisabeth Scharfenberg, Mitglied im Deutschen Bundestag

Mitglied im Deutschen Bundestag

Pflegezeit: Grüne Bundestagsfraktion beschließt lebensnahes Konzept

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen hat gestern umfassende und lebensnahe Eckpunkte für eine gesetzliche Pflegezeit verabschiedet.

04.07.2007

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen hat gestern umfassende und lebensnahe Eckpunkte für eine gesetzliche Pflegezeit verabschiedet. So sehr wir es begrüßen, dass die Bundesregierung eine gesetzliche Pflegezeit schaffen will, so lebensfern und vage bleibt jedoch im Gegensatz dazu ihr Konzept.Wir fordern eine Pflegezeit, in der Pflege vor allem organisiert, nicht selbst übernommen werden soll. Wir fordern eine Lohnersatzleistung, um die Existenz derer zu sichern, die eine Pflegezeit nehmen. Und wir fordern, dass ein erweiterter Familienbegriff zu Grunde gelegt wird. Denn Familie ist dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen. Auch diese Menschen müssen Anspruch auf eine Pflegezeit haben.

Eine Pflegezeit soll die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf unterstützen. Deshalb zielt unser Modell vorrangig darauf, entweder eine Sterbebegleitung zu leisten oder die Pflege einer nahestehenden Person zu organisieren. Nach der Vorstellung der Koalition hingegen soll während der Pflegezeit offensichtlich die Pflege an sich erbracht werden. Das erhöht insbesondere für erwerbstätige Frauen die Gefahr, letztlich doch aus dem Beruf dauerhaft in die Pflege gedrängt zu werden.

Deshalb ist auch die von der Koalition avisierte sechsmonatige Pflegezeit zu lang. Wir sprechen uns für eine Dauer von bis zu drei Monaten aus, in denen natürlich voller Kündigungsschutz und ein Rückkehrrecht auf den gleichen Arbeitsplatz garantiert sein müssen. Eine Pflegezeit muss kurzfristig binnen fünf Tagen angetreten werden können. Wir sprechen uns zudem gegen eine Betriebsgrößenbeschränkung aus, wie sie die Koalition vorsieht. Pflegebedürftigkeit nimmt auf die Zahl der Mitarbeiter/innen eines Betriebes keine Rücksicht.

Wir Grüne wollen, dass eine Pflegezeit für alle Einkommensschichten in Frage kommt. Dazu reicht die - zweifellos wichtige - Absicherung in den Sozialversicherungen nicht aus. Zwar sind auch wir gegen eine Lohnfortzahlung durch die Arbeitgeber. Wir plädieren jedoch für eine steuerfinanzierte Lohnersatzleistung. Sie soll 50 Prozent des Nettoentgelts betragen, mindestens 300 €, maximal jedoch 1.000 €.

Genau hier entpuppt sich der Koalitionsvorschlag als Feigenblatt, denn er sieht keine Form der Existenzsicherung vor. Wer jedoch soll es sich leisten können, für sechs Monate auf ein Haushaltseinkommen zu verzichten? So wird eine Pflegezeit ohne jede reale Bedeutung bleiben.

Nicht zuletzt greift es viel zu kurz, den Anspruch auf eine Pflegezeit auf verwandte Angehörige zu beschränken. Eine Pflegezeit muss vielmehr auch für nicht-verwandte Personen möglich sein, die bereit sind, Verantwortung für einen pflegebedürftigen Menschen zu übernehmen. Unsere Gesellschaft durchläuft tiefgreifende Veränderungen in den sozialen, familiären und demografischen Strukturen. So leben immer mehr Menschen allein und / oder weit entfernt von Familienangehörigen. Pflege wird daher zukünftig immer mehr auch auf das Engagement der gesamten von Personen angewiesen sein, die keine direkte verwandtschaftliche Beziehung zu einer Pflegeperson haben.

Unsere Eckpunkte im Detail sehen Sie hier.

Tags: Pressearchiv
« zurück