Elisabeth Scharfenberg, Mitglied im Deutschen Bundestag

Mitglied im Deutschen Bundestag

Ein Schritt vor - zwei Schritte zurück: Koalition bastelt erfolglos an Pflegereform

Zu den Ergebnissen des Koalitionsausschusses erklärt Elisabeth Scharfenberg

19.06.2007

Zu den Ergebnissen des Koalitionsausschusses erklärt Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflegepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen:

Dass die Beitragssätze zur Pflegeversicherung steigen müssen, war angesichts der steigenden Zahl Pflegebedürftiger seit langem klar. Diese bittere Wahrheit und die praktische Ausgestaltung haben Union und SPD nur allzu lange vor sich hergeschoben. Dass die Rechnung jetzt aber wieder nur die gesetzlich Versicherten zahlen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Hier wird geschont, wer keiner Schonung bedarf, nämlich die gut verdienenden Privatversicherten.

Immerhin die Koalition hat sich bewegt. Sie hat, wie längst überfällig, die Demenz- und Alzheimerkranken in die Pflegeversicherung einbezogen. Bisher erhielten diese kaum oder gar keine Leistungen, obwohl die Pflege dieser Erkrankten mit erheblichen Belastungen verbunden ist. Auch wenn diese Entwicklung ein Schritt in die richtige Richtung ist, verengt sie die Diskussion. Notwendige Verbesserungen für andere pflegebedürftige Gruppen, z.B. die große Zahl der pflegebedürftigen Alleinlebenden, die heute schon oft pflegerisch unterversorgt sind, bleiben aus.

Außerdem hat die Koalition verkündet, dass es künftig einen Rechtsanspruch auf eine Pflegezeit für Angehörige von bis zu sechs Monaten geben soll. Zwar sollen Rückkehrrecht und Kündigungsschutz gewährt werden, wie die Angehörigen diese Zeit finanziell überbrücken sollen bleibt jedoch unklar. Ohne eine finanzielle Absicherung der Angehörigen während der Pflegezeit, wird diese nur ein Geschenk an Personen sein, die es sich leisten können auf ein Haushaltseinkommen zu verzichten, also wieder nur für Besserverdienende.

Die Entscheidungen des Koalitionsausschusses zur Pflegereform können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Koalition kein Interesse an einer zukunftssicheren Pflegereform hat. Weder eine nachhaltige und gerechte Finanzierung noch ein umfassendes Reformkonzept sind ihr gelungen. Das Ergebnis ist ein fauler Kompromiss und erinnert an bekannte Muster. Die Koalition hat sich bewegt: einen Schritt vor und zwei zurück.

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