Zur Forderung der bayerischen Sozialministerin Christa Stewens für eine Erklärungspflicht auf der elektronischen Gesundheitskarte
Zur Forderung der bayerischen Sozialministerin Christa Stewens für eine Erklärungspflicht auf der elektronischen Gesundheitskarte erklärt Elisabeth Scharfenberg MdB, Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Gesundheitsausschusses
Der Vorschlag von Ministerin Stewens zur Förderung der Organspende ist der falsche Weg. Zur Wahrnehmung der Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger zählt auch das Recht, sich nicht ausdrücklich zu erklären. Daher bin ich gegen eine Pflichterklärung auf der elektronischen Gesundheitskarte.
Den Vorschlag des Nationalen Ethikrates für eine Widerspruchslösung, den Frau Stewens in der heutigen "Welt" lobend erwähnt, lehne ich erst recht ab. Danach sollen jene, die einer Organspende nicht ausdrücklich widersprechen, automatisch als Spender gelten. Der internationale Vergleich zeigt jedoch, dass auch das Widerspruchsverfahren nicht automatisch zu mehr Organspenden führt. Irland weist bei einer erweiterten Zustimmungslösung mit 21,1 Spendern pro eine Million Einwohner eine höhere Quote auf als Ungarn mit 16,1, wo die Widerspruchslösung praktiziert wird.
Ich stimme jedoch mit Frau Stewens überein, dass wir insgesamt mehr Bewusstsein für das Thema Organspende schaffen müssen. 70 Prozent der Deutschen stehen der Organspende positiv gegenüber. Nur 12 Prozent jedoch besitzen einen Organspendeausweis. Hier lässt sich viel Potential heben. Alle Akteure, so auch Politik, Ärzteschaft, Kliniken und Krankenkassen, sind aufgefordert, ihren Beitrag für ein positiveres Klima ‚pro Organspende’ zu schaffen. Über den Weg der Aufklärung müssen Ängste behutsam abgebaut und mehr Menschen überzeugt werden, einen Organspendeausweis anzulegen - ganz gleichgültig ob sie darin ihre Zustimmung oder Ablehnung zum Ausdruck bringen.
Auch wenn die umstrittene niederländische TV-Show glücklicherweise "nur" gestellt war, so sind solch schäbige Tricks dem Ziel der Aufklärung mit Sicherheit nicht zuträglich.